Die scheinbar unkomplizierte Idee, ein bereits bestehendes Pflegeheim zur Nutzung für die außerklinische Intensivpflege umzufunktionieren, erscheint auf den ersten Blick einfach und unkompliziert. Doch die Realität erweist sich als weitaus komplexer als angenommen. Dies zeigt sich in mehreren Projekten.
Die Entscheidung, welche Form einer Pflegeeinrichtung in Betracht gezogen werden soll, ist von zentraler Bedeutung und erfordert eine eingehende und umfassende Analyse. Gemäß §37c des SGB V umfasst die “außerklinische Intensivpflege” die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einem “besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege”. Dies kann sowohl in vollstationären Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, als auch in einer Wohngemeinschaft (WG) oder sogar im eigenen Haushalt, die sogenannte 1:1-Pflege, erbracht werden.
Doch welche Form ist die beste Wahl für den Betreiber eines Pflegedienstes? Um eine Entscheidung treffen zu können, sind viele Punkte zu berücksichtigen, insbesondere die Finanzierungsform und die regulatorischen Rahmenbedingungen.

In stationären Einrichtungen für die AIP werden Intensiv-Pflegebedürftige weitgehend von Eigenanteilen entlastet (SGB V / Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz, GKV-IPReG), die Kostenübernahme erfolgt primär über die Krankenkassen. Bei anderen Wohnformen wird die Versorgung der Patienten über verschiedene Kostenträger erbracht. Die Unterbringung und Betreuung hat dabei der Patient/Bewohner im Rahmen eines Miet- und Betreuungsvertrages, selbst zu erbringen, bzw. gegebenenfalls die Sozialhilfe.

Je nach Wohnform gelten für Pflegeheime im Hinblick auf die baulichen Anforderungen andere Regelungen bezüglich der erforderlichen Infrastruktur, als das z.B. für eine Wohngemeinschaft WG der Fall ist. Die Komplexität des Themas erhöhen regionsspezifische Unterschiede, die durch unsere föderale Struktur bedingt sind. Jedes Bundesland hat individuelle Regelungen und Vorschriften, die bei der Planung und Umsetzung zu beachten sind. Diese Anforderungen erstrecken sich über die Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauV), die Länder-Heimgesetze und die dazugehörigen Durchführungsverordnungen (eine gute Übersicht findet sich hier: Heimgesetze der Bundesländer | BIVA-Pflegeschutzbund).
Es ist keine einfache Aufgabe, bei überregionaler Tätigkeit alle einschlägigen Anforderungen im Blick zu behalten.

Das GKV-IPReG und seine Auswirkungen
Mit dem Inkrafttreten des GKV-IPReG am 03.04.2023 müssen nun die “Rahmenempfehlungen nach §132l Abs. 1 SGB V zur Versorgung mit außerklinischer Intensivpflege” für eine einheitliche und flächendeckende Versorgung berücksichtigt werden und dienen als Grundlage für die Versorgungsverträge. Die Unterbringung intensivpflegebedürftiger Menschen muss demnach in „Wohneinheiten“, für die in der Rahmenempfehlung im §7 „Strukturelle Anforderungen an Wohneinheiten[…]“ die Anforderungen weitgehend definiert sind, oder in vollstationären Pflegeeinrichtungen erfolgen. Die spezifischen Anforderungen an letztere Option werden jedoch nicht näher definiert; Hier gilt §8, der ganz allgemein den „Stand der jeweils aktuellen Erkenntnisse“ vorgibt. Es bleibt offen, was dies neben den bestehenden Heimbauverordnungen, bedeutet.

Es stellt sich die Frage: Wie kann man ein existierendes stationäres Pflegeheim zur Versorgung außerklinischer Intensivpatientinnen und -patienten nutzen?
Die Antwort hängt von der geplanten Versorgungsform ab, also ob Wohneinheit oder stationäre Einrichtung. Davon abhängig bedarf es geeigneter Raumstrukturen, auf die hin das gewünschte Bestandsobjekt zu prüfen ist, bzw. ggf. der Grundriss und die Prozesse entsprechend anzupassen sind.
Abgesehen von den erforderlichen Abstimmungen mit der lokalen Heimaufsichtsbehörde ergeben sich Herausforderungen im komplexen Bereich des Baurechts. Anpassungen an bereits baurechtlich genehmigten Gebäuden, insbesondere im Bereich des Sonderbaus im Zusammenhang mit der Patientenbeherbergung, erfordern meist einen erneuten Bauantrag. Die Änderung der Betriebsform, sei es von einer stationären Einrichtung zu einer Wohngemeinschaft (WG) oder umgekehrt, erfordert ebenfalls eine formelle Nutzungsänderung. Beides bedingt eine Neubewertung unter Berücksichtigung aktueller Gesetzes- und Normstände.

Die Herausforderungen im Detail:
Eine detaillierte Betrachtung von Aspekten wie Arbeitssicherheit, Barrierefreiheit und technischen Anforderungen verdeutlicht den teils erheblichen Anpassungsbedarf, um bestehende Pflegeeinrichtungen in Einrichtungen für die außerklinische Intensivpflege umzuwandeln. Neben den finanziellen Aufwendungen wird auch der erforderliche Zeitaufwand zur Erstellung von abgestimmten, genehmigungsfähigen Plänen und ihrer Umsetzung oft erheblich unterschätzt.
Einige bemerkenswerte Unterschiede zwischen herkömmlichen stationären Einrichtungen und spezialisierten Pflegeheimen für die Intensivpflege können erhebliche Anpassungen erfordern, da im Bestandbau oft nicht vorhanden oder nur schwer nachträglich realisierbar:

  • Den Flächenbedarf für Intensivpflege, der insbesondere für Patientenzimmer und Wohneinheiten gemäß HeimMindBauV sowie der Rahmenempfehlungen als Mindestmaß mit 12m² gefordert wird, ist unzureichend und genügt nicht den tatsächlichen Anforderungen. Aber auch benötigte Therapie- und Lagerbereiche sind oft nicht ausreichend vorhanden, was zwangsläufig zu einem höheren Flächenbedarf pro Patient/in führt, was wiederum ein vergütungsrelevantes Kriterium darstellt.
  • Im Vergleich zu akutstationären Einrichtungen sind in der AIP zwar weniger komplexe medizinische Geräte erforderlich. Jedoch gibt es auch hier kritische Medizinprodukte, insbesondere Beatmungsgeräte, was die Stromversorgung anbelangt. Ein technischer Standard für eine sichere Elektroversorgung, der sowohl die relevante Infrastruktur des Gebäudes (z.B., wenn die Heizung länger ausfällt, …), als auch die kritischen Medizingeräte und die Sauerstoffversorgung berücksichtigt, wird gebraucht. Die prinzipiell im medizinischen Bereich gültige Norm DIN VDE 0100-710, die jedoch baurechtlich nicht verankert ist, stellt für die AIP einen kaum erfüll-, und finanzierbaren Maßstab dar.
  • Die kontinuierliche medizinische Überwachung der Patientinnen und Patienten erfordert eine normkonforme Lichtrufanlage gemäß DIN VDE 0834-1. In herkömmlichen Pflegeheimen wird diese Norm selten erfüllt.
  • Betten und Medienanschlüsse sind in herkömmlichen Pflegeheimen oft in einer Ecke des Patientenzimmers angeordnet. In der Intensivpflege sind jedoch eine um 90 Grad gedrehte Bettenposition, die von beiden Seiten barrierefrei zugänglich ist, und eine erweiterte Medienversorgung, z.B. mehr Stromanschlüsse, erforderlich. Die Praxis lehrt, dass dies nicht ohne weiteres umsetzbar ist.

Es wird deutlich, dass die bestehenden Regelwerke, einschließlich der Heimbauverordnungen und Rahmenempfehlungen, nur bedingt für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit “besonders hohem Bedarf an medizinischer Behandlungspflege” geeignet sind. Es besteht Regelungsbedarf, um den tatsächlichen Anforderungen im Pflegealltag gerecht zu werden und die Grundlage für notwendige Investitionen zu schaffen.
Wir ermutigen Fachleute, mit uns in den Dialog zu treten, um gemeinsam Lösungen für diese komplexen Herausforderungen zu finden. Wir sind bestrebt, zur Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit intensivem Pflegebedarf beizutragen.